“Sich erinnern - sich und das Erinnerte für das Vergessen bereit machen” (Ilse Aichinger)
Das glaube ich nicht. Das glaube ich. Es ist schwarz oder es ist weiß. Ich muß mich entscheiden. Ich weiß nicht, ob ich das will. Wenn ich einer Erinnerungsspur folge, verfolge ich mich als Beobachter meines - ebendiesen - Tuns, aber auch als Verfolger meiner selbst. Quasi bin ich mir auf den Fersen. Es ist mir aber nicht möglich, mich einzuholen und zu stellen, weil ich mich schon vergessen habe. Mein vergangenes Ich ist nicht mehr fassbar. Die Erinnerung daran ist immer nur eine Interpretation von Gewesenem. Ein fotografisches Gedächtnis gibt es nicht. Ich verfolge - in beiderlei Wortbedeutung - eine Chimäre. Also lege ich mittels Symboliken und Zeichen eine falsche Fährte, die für mich (vielleicht auch für die Betrachtenden) ausreichend verlockend ist, ihr zu folgen, um der Erinnerung - meiner eigenen, und auch der Anderer, die ich als Geschichte(n) kenne - auf die Spur zu kommen; letztendlich auch mir selbst, ansatzweise, vielleicht.
Vinzenz Fengler, 2011
Zur Bildserie Erinnerung
ICH: Woran denkst du, wenn du deinen Blick zum Himmel wendest und im Gegenlicht die schwarzen Oberleitungen der Tram siehst?
ICH SELBST: Ich fühle mich handlungsunfähig. Ich habe das Gefühl, dass ich hier nicht mehr wegkomme.
ICH: Ich weiß.
ICH SELBST: Es ist mir nicht möglich, diesen Raum zu verlassen.
ICH: Ich weiß.
ICH SELBST: Wenn das Telefon klingelt und jemand mich einlädt, mit ihm draußen eine zu rauchen, möchte ich das Gefühl haben, mich frei entscheiden zu können.
ICH: Ich weiß.
ICH SELBST: Ich sitze auf den gelben Sitzen der Tram fest und schaffe es einfach nicht auszusteigen. Der freie Wille ist ein viel zu abstraktes Konzept für mich.
Lass mich aussteigen. Ich will aussteigen.
Wenn ich meinen Blick zum Himmel wende, verfangen sich meine Gedanken zwischen den schwarzen Linien im Gegenlicht.
ICH: Ich weiß.
ICH SELBST: Findest du es nicht sinnlos, mich etwas zu fragen, was du eh schon weißt?
ICH: Absolut sinnlos.
Valentina Murabito, 2011 (Übersetzung: S. Kizilirmak)
IO: A cosa pensi tu quando alzi gli occhi al cielo e, in cotroluce, vedi i fili neri del tram?
ME STESSA: Mi sento impedita. Mi sembra di non poter più uscire da qui.
IO: Lo so.
ME STESSA: Non riesco ad uscire da questa stanza.
IO: Lo so.
ME STESSA: Se squilla il telefono e qualcuno mi invita ad uscire per fumare uns sigaretta, vorrei potermi sentire libera di decidere.
IO: Lo so.
ME STESSA: Sono seduta sui sedili gialli di un tram e non riesco a scendere. Il libero arbitrio è un concetto troppo astratto per me.
Fammi scendere. Io voglio scendere.
Se alzo gli occhi al cielo, i miei pensieri si incastrano tra i fili in controluce del tram.
IO: Lo so.
ME STESSA: Non pensi che sia inutile chiedermi qualcosa che sai già?
IO: Assolutamente inutile.
Valentina Murabito, 2011 (Italian original)